Therapiemöglichkeiten gegen Metastasen?

Forschende wollen neuen Mechanismus bei aggressiven Krebsarten anwenden

Ein Mittel gegen metastasierenden Krebs – diesem ambitionierten Ziel sind Forschende der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), der Universität Innsbruck, des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Universität Würzburg auf der Spur. Für den Angriff auf die wandernden Krebszellen soll die Ferroptose genutzt werden – ein Zelltodmechanismus, der erst 2012 entdeckt wurde. Aktuelle Experimente mit Laborsubstanzen sind sehr erfolgversprechend, der Einsatz entsprechender Medikamente setzt jedoch weitere Forschungsarbeit und klinische Studien voraus. Die Forschungsergebnisse wurden jetzt in renommierten Wissenschaftsjournal Nature Cell Biology veröffentlicht. Die Arbeiten wurden vom BZKF über die Förderung der maßgeblich beteiligten Autoren PD Dr. rer. nat. Simone Brabletz und Prof. Dr. José Pedro Friedmann Angeli finanziell unterstützt.

Dank fortschrittlicher Chemo- und Immuntherapien kann Krebs immer besser behandelt werden, die Überlebensraten sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Aggressiven Krebsarten wie Bauchspeicheldrüsenkrebs und bestimmten Typen von Brustkrebs steht die Medizin jedoch weitestgehend machtlos gegenüber. Diese Tumore werden oft erst bemerkt, wenn sie bereits Metastasen entwickeln.

Seit mehr als 20 Jahren erforscht die Gruppe um Simone und Thomas Brabletz die Wandlungsfähigkeit oder „Plastizität“ von Krebszellen. So verändern sich im Primärtumor einzelne Krebszellen indem sie beweglich und besonders widerstandsfähig werden, um durch den Körper zu wandern. Dann verwandeln sie sich an anderer Stelle wieder zurück, um wiederum einen soliden Tumor, die Metastase, auszubilden. Da gerade die beweglichen Tumorzellen gleichzeitig besonders widerstandsfähig werden, können sie herkömmlichen Therapien oft entkommen.

Gemeinsam mit Forschenden der FAU, der Universität Innsbruck, des MIT und der Universität Würzburg hat das Team jetzt eine Achillesferse der Metastasen bildenden Wanderzellen gefunden: Im Zuge ihrer Verwandlung ändern diese beweglichen Zellen ihren Stoffwechsel und lagern eine hohe Konzentration mehrfach ungesättigter Fettsäuren in der Zellmembran ein. Das macht sie elastisch – aber auch anfällig für eine besondere Form von Zelltod, die Ferroptose – ein durch Eisen und Sauerstoffradikale vermittelter nicht-programmierter Zelltod. Dabei kommt es zur Oxidation der ungesättigten Fettsäuren, was zu Membranschäden und schließlich zur Zerstörung der gesamten Zelle führt.

Da die Zellen des primären Tumors aufgrund ihrer geringen Konzentration mehrfach ungesättigter Fettsäuren nicht auf die Ferroptose ansprechen, ist bei der Krebsbehandlung langfristig eine Kombination mit klassischen Chemo- und Immuntherapien geplant, um wirklich alle Tumorzellen zu bekämpfen.

 Originalveröffentlichung:

A. Schwab*, Z. Rao*, J. Zhang, A. Gollowitzer, K. Siebenkäs, N. Bindel, E. D’Avanzo, R. van Roey, Y. Hajjaj, E. Özel, I. Armstark, L. Bereuter, F. Su, J. Grander, E. B. Rad, A. Groenewoud, F. B. Engel, G. W. Bell, W. S. Henry, J. P. Friedmann Angeli, M. P. Stemmler, S. Brabletz*, A. Koeberle*, T. Brabletz*. Zeb1 mediates EMT/plasticity-associated ferroptosis sensitivity in cancer cells by regulating lipogenic enzyme expression and phospholipid composition, Nature Cell Biology (2024)

* diese Autoren trugen gleichermaßen bei.

https://doi.org/10.1038/s41556-024-01464-1