ESCAPE – Entwicklung eines standardisierten, computer-gestützten Index zur Erfassung von morphologischer Heterogenität in Glioblastomen

PD Dr. med. Friederike Liesche-Starnecker, Universitätsklinikum Augsburg

Viele bösartige Tumoren sind durch eine ausgeprägte Heterogenität, sprich Unterschiedlichkeit, gekennzeichnet. Diese Verschiedenheit kann sich feingeweblich – oder auch histologisch genannt – durch unterschiedliche Tumormorphologien ausdrücken. Man kann zudem Verschiedenheiten in den molekularen Tumoreigenschaften, d.h. beispielsweise in der Expression von Genen, nachweisen. Auch innerhalb ein und desselben Tumors – „intratumoral“ – lassen sich mitunter große Unterschiede beobachten. Man geht davon aus, dass solche Tumorheterogenität eine große Rolle bei Unwirksamkeit von Therapien und Auftreten von Rezidiven spielt und ein insgesamt kürzeres Patient:innenüberleben nach sich ziehen könnte. Auch wenn wir Tumorheterogenität alltäglich in unserer (neuro)pathologischen Routinediagnostik sehen, existieren bislang keine fest definierten Methoden, mit denen man das Ausmaß an Heterogenität objektiv erfassen und quantifizieren kann. Von daher entwickelt die Arbeitsgruppe Neuropathologie des Universitätsklinikums Augsburg in dem BZKF-geförderten Projekt „ESCAPE“ Scores, mit denen Heterogenität auf verschiedenen Ebenen erfasst und als Zahl ausgedrückt werden kann. Als Anwendungsbeispiel haben wir hierfür den bösartigsten Hirntumor des Erwachsenenalters, das Glioblastom, gewählt, denn dieser Tumortyp ist für eine besonders stark ausgeprägte Heterogenität bekannt. Für eine umfassenden Charakterisierung des Gewebes betrachten wir u.a. die Form der Tumorzellen, die Ausprägung von Gefäßneubildungen, sowie Ausbildungsmuster von mehreren Eiweißen und weitere molekulare Informationen in verschiedenen Arealen innerhalb des Tumors. Über die Integration weiterer Daten des Tumors, wie beispielsweise Daten der Kernspintomografie, soll ein noch umfassendere und multimodale Beschreibung des Tumors erfolgen. Um die Einschätzung der Heterogenität zukünftig automatisiert erfolgen zu lassen, beschäftigt sich ein weiteres Teilprojekt mit der Entwicklung computer-assistierter Methoden zur Heterogenitätsbestimmung. Im Rahmen des BZKF-geforderten Projekts sollen insbesondere die Rahmenbedingungen für die zukünftige Entwicklung solcher Ansätze aufgebaut werden. Dies schließt den Aufbau der Infrastruktur zur standardmäßigen Digitalisierung der histologischen Präparate von Glioblastomen mitsamt der Vor-Prozessierung der Bilddaten ein, genauso wie die Entwicklung eines Machine Learning Algorithmus zur Unterscheidung von Tumor und Normalgewebe im Gewebeschnitt. Wenn dieses Framework zur Verfügung steht, können in Folgeprojekten Algorithmen zur Heterogenitätserfassung entwickelt und optimiert werden. Bestenfalls sollte das Framework und aber möglicherweise auch die Modelle zur Heterogenitätsbestimmung so robust sein, dass sie auch auf andere Tumortypen angewendet werden können, sodass die Methoden noch breitere Anwendung finden können. Daneben bietet die Arbeit an digitalen Präparaten eine hervorragende Gelegenheit für eine Standort-übergreifende Durchführung.