4. BZKF-Netzwerktreffen

Shared Decision Making, Leuchtturm Theranostic und Digitalisierung in der Onkologie – all dies waren Themen des diesjährigen Netzwerktreffens des Bayerischen Zentrums für Krebsforschung (BZKF), das am 18. Juli 2024 in Augsburg zum vierten Mal stattfand.

240 Ärztinnen und Ärzte, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Vertreterinnen und Vertreter der Industrie aus ganz Bayern erfuhren im Rahmen diverser Vorträge und einer Podiumsdiskussion die neuesten Entwicklungen in der Krebsforschung. Zudem wurde die Nachwuchsakademie „Wilko Weichert Young Scientist Academy“ offiziell eröffnet, Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler ausgezeichnet sowie die Zusammenarbeit mit den sechs kinderonkologischen Zentren der bayerischen Universitätskliniken (KIONET) verkündet.

Shared Decision Making (SDM) – die Einbeziehung der Patientinnen und Patienten in die Therapieentscheidung – ist eine wichtige Maßnahme, um die Patientenkompetenz zu erhöhen, die Therapietreue, Über-, Unter- und Fehlversorgung zu verringern sowie die Versorgungsqualität und die Patientensicherheit zu gewährleisten. Häufig mangelt es hierfür allerdings noch an Strukturen. Mit dem Projekt „Bayern goes SDM“ leistet das BZKF einen wichtigen Beitrag, um systematisch SDM bayernweit zu implementieren. Denn: „Die Therapie ist nur so gut, wie man sie an die betroffenen Menschen vermitteln kann“, betonte Prof. Dr. Claus Belka, Direktor der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München und Sprecher der BZKF-Projektgruppe SDM während des 4. BZKF-Netzwerktreffens in Augsburg.

Im Rahmen eines strukturierten Prozesses ist aktuell die Implementierung von SDM an den bayerischen Universitätskliniken in vollem Gange: Die Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte der bayerischen Unikliniken in Augsburg, Erlangen, den zwei Standorten in München, Regensburg und Würzburg haben das SDM-Training bereits absolviert. Das sogenannte Share-to-Care-Programm besteht aus einem Training für Ärztinnen und Ärzte, einer Fortbildung zum Decision Coach für Pflegekräfte, evidenzbasierte Entscheidungshilfen für Patientinnen und Patienten sowie der Aktivierung der Patientinnen und Patienten anhand von Materialien, die für die Universitätsklinika erstellt werden. „So können Ärztinnen und Ärzte patientenzentrierte Entscheidungen treffen, d. h. eine optimale Behandlung einleiten, die medizinisch sinnvoll ist und die individuellen Bedürfnisse der Patientin oder des Patienten einbezieht“, betonte Serap Tari, Psychoonkologin und Leiterin des SDM-Projekts. Um ein Share-to-Care-Zertifikat zu erhalten, müssen 80 % der Ärztinnen und Ärzte das Online-Training, das etwa einen Tag in Anspruch nimmt, erfolgreich absolvieren.

Unterstützung vor, während und nach einer Krebserkrankung

Das BRCA-Netzwerk e. V. bietet Unterstützung für Betroffene von erblich bedingten Krebserkrankungen. Die Betroffenen haben oftmals noch keine Krebsdiagnose, stehen aber vor der Entscheidung, ob sie ihr genetisches Risiko, an Krebs zu erkranken, testen lassen sollen und was dann in der Folge bei einem positiven Test zu tun ist. „Als Patientinnen und Patienten können wir Verantwortung nur übernehmen, wenn wir gut über die verschiedenen Möglichkeiten informiert sind“, weiß auch Traudl Baumgartner, Patienten­vertreterin und Vorstandsvorsitzende des BRCA-Netzwerk e. V. Hier hilft der Verein mit seinen Angeboten für Austausch, mit unabhängigen Informationen und Erfahrungsberichten. Auch das vom BZKF kostenfrei bereitgestellte BürgerTelefonKrebs bietet hier eine gute Anlaufstelle für Patientinnen und Patienten sowie Angehörige.

Zusammenarbeit mit dem KIONET für die Versorgung krebskranker Kinder

„Alle Patientinnen und Patienten mit einer Krebserkrankung – egal welchen Alters – sollen eine gute Versorgung und Zugang zu den neusten Therapien bekommen“, formulierte Prof. Dr. Andreas Mackensen, Direktor des BZKF und Direktor der Medizinischen Klinik 5 – Hämatologie und Internistische Onkologie des Universitätsklinikums Erlangen, das vorrangige Ziel der Arbeit des Bayerischen Zentrums für Krebsforschung und verkündete danach die künftige Zusammenarbeit des BZKF mit dem Kinderonkologischen Netzwerk Bayern (KIONET). Dadurch soll die Versorgung krebskranker Kinder und Jugendlicher in Bayern stetig vorangetrieben werden, der Zugang zu neuen Medikamenten ermöglicht und neue Therapien entwickelt werden. Das KIONET ist der Zusammenschluss der sechs kinderonkologischen Zentren der bayerischen Universitätskliniken.

Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Bayern

Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an den sechs bayerischen Universitätskliniken ist ein weiteres wichtiges Ziel des BZKF. Prof. Dr. Andreas Mackensen verkündete beim Netzwerktreffen die Gründung der Nachwuchsakademie „Wilko Weichert Young Scientist Academy“. Diese wurde nach einen der BZKF-Gründungsmitglieder, Prof. Dr. Wilko Weichert benannt, der leider im Juli 2023 viel zu früh verstorben war. Mit der Nachwuchsakademie sollen junge Talente langfristig unterstützt werden. Des Weiteren wurden die erstklassigen Arbeiten von sechs Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern mit einem Publikationspreis in Höhe von 12.000 € ausgezeichnet. Diese Auszeichnung des BZKF würdigt bedeutende Beiträge für die Krebsforschung. Schließlich präsentierten Nachwuchsforschende dem Publikum des diesjährigen Netzwerktreffens ihre herausragenden klinischen Forschungsprojekte.

Zudem wurde beim Netzwerktreffen die Arbeiten und Ergebnisse des BZKF-Leuchtturms Theranostic durch den Sprecher Prof. Dr. Matthias Eiber, Leiter der Sektion Theranostik der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin des Klinikums rechts der Isar der Technische Universität München vorgestellt. Der Leuchtturm erhält seit Juni 2020 eine Förderung. Ziel der standortübergreifenden Zusammenarbeit im Leuchtturm ist es, neue diagnostische und therapeutische Radiopharmaka allen Patientinnen und Patienten in Bayern zugänglich zu machen und zudem die Forschung in diesem Bereich weiter zu fördern. Der Begriff Theranostic leitet sich von THERApie und DiagNOSTIK ab und wird im Allgemeinen im Zusammenhang mit radioaktiven Medikamenten genutzt. Durch diese werden im Rahmen der Diagnostik Zielstrukturen auf dem Tumor nachgewiesen und im Rahmen der Therapie zielgerichtet eingesetzt. Typische Vertreter sind der Somatostatin-Rezeptor (SSTR) oder das prostataspezifische Membranantigen (PSMA).

Podiumsdiskussion zu Chancen und Herausforderung durch Digitalisierung

Zum Abschluss des diesjährigen Netzwerktreffens fand eine Podiumsdiskussion zum Thema „Digitalisierung in der Onkologie“ statt. Unter der Moderation von Prof. Dr. Matthias W. Beckmann, Klinikdirektor der Frauenklinik am Universitätsklinikum Erlangen und Mitglied des BZKF-Direktoriums diskutierten Dr. Georg Münzenrieder, Referatsleiter für Grundsatzangelegenheiten der Digitalisierung in Gesundheit und Pflege, Zukunfts- und Innovationsprojekte des Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention, Bernhard Seidenath, MdL, Vorsitzender des Ausschusses für Gesundheit, Pflege und Prävention im Bayerischen Landtag, Dr. Nora Lubina, Radiologin an der Universitätsklinik Augsburg und Mitglied des BZKF-Projektes BORN (Bayernweites-Onkologisches-Radiologie-Netzwerk), Univ.-Prof. Dr. Martin Boeker, Leiter des Lehrstuhls für Medizinische Informatik am Klinikum rechts der Isar in München, und Patientenvertreterin Lara Roth über die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung im Gesundheitswesen.

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Bildbeschreibungen: Prof. Dr. Andreas Mackensen, BZKF-Direktor, Copyright: Lichtwerk-Fotografie