Universitätsmedizin erzielt bedeutende Fortschritte zur Risikoeinschätzung und Behandlung von malignen rhabdoiden Tumoren außerhalb des Gehirns. Die kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Clinical Cancer Research veröffentlichte Studie zeigt auf, wie klinische und molekulare Faktoren den Krankheitsverlauf beeinflussen und zur Verbesserung der individuellen Behandlung beitragen können.
Augsburg | Maligne rhabdoide Tumoren sind selten und betreffen jährlich etwa 35 Kinder in Deutschland, vor allem Säuglinge und Kleinkinder. Aufgrund der Aggressivität und hohen Rückfallquote dieser Krebserkrankung gestaltet sich die Behandlung oft schwierig: Da bisher keine etablierten Prognosemodelle für diese Tumoren bestehen, fehlt es oft an gezielten Behandlungsmöglichkeiten, die den individuellen Krankheitsverlauf berücksichtigen. Die neuen Forschungsergebnisse ermöglichen nun eine präzisere Risikoabschätzung und individuell angepasste Therapien, um die Heilungschancen der jungen Patientinnen und Patienten zu steigern.
Frühzeitige Identifikation von Hochrisikopatienten erleichtert klinische Entscheidungsfindung
In der Studie „Clinical and Molecular Risk Factors in Extracranial Malignant Rhabdoid Tumors: Toward an Integrated Model of High-Risk Tumors“ wurde eine umfassende molekulare Analyse durchgeführt, in der das Forscherteam die genetische und epigenetische Zusammensetzung der Tumore analysierte. Hierzu wurden Daten von insgesamt 213 Patienten des EU-RHAB-Registers berücksichtigt. Durch den Einsatz von Analyseverfahren der Tumor-DNA und modernen maschinellen Lernverfahren identifizierte das Team drei Untergruppen mit unterschiedlichem Risikoprofil: eine Untergruppe mit verbessertem Überleben („eMRT standard risk“) und zwei Untergruppen mit höherem Rückfallrisiko. Diese Untergruppen sollen die klinische Entscheidungsfindung durch die frühzeitige Identifikation von Hochrisikopatienten unterstützen.
Professor Dr. med. Pascal Johann, Initiator der molekulargenetischen Analysen am Universitätsklinikum Augsburg und Professor für Experimentelle Pädiatrie an der Medizinischen Fakultät, erklärt: „Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass sowohl klinische als auch genetische Faktoren einen wesentlichen Einfluss auf den Krankheitsverlauf haben.“ Professor Dr. Dr. med. Michael C. Frühwald, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin und Leiter des Europäischen Rhabdoidregisters, ergänzt: „Diese Studie ist ein wichtiger Schritt hin zu einer personalisierten Medizin in der Behandlung von Kindern mit malignen rhabdoiden Tumoren. Ein besseres Verständnis der Risikofaktoren ermöglichte eine Anpassung der Therapie, sodass wir in Zukunft die Heilungschancen dieser schwerkranken Kinder verbessern können.“
Erstautorinnen der Studie mit Preis für herausragende wissenschaftliche Publikationen geehrt
Anlässlich der Studie wurden die beiden Erstautorinnen, Victoria Finke und Mona Steinbügl, kürzlich von der Dr. Wolfbauer-Stiftung im Rahmen des Wissenschaftstages 2024 des Universitätsklinikums Augsburg mit einem Preis für „Herausragende wissenschaftliche Publikationen“ geehrt.
Neben der grundlegenden Forschung betreibt das Universitätsklinikum Augsburg auch die klinische Studie EURHAB (Studienleiter Prof. Frühwald), die sich speziell mit der Erforschung und Behandlung rhabdoider Tumoren befasst. Als europäisches Beratungszentrum für alle Fälle rhabdoider Tumoren übernimmt das Universitätsklinikum eine zentrale Rolle bei der Weiterentwicklung individueller Behandlungsstrategien für diese schwerwiegenden Tumorerkrankungen und setzt sich damit aktiv für die Weiterentwicklung der Therapieoptionen und die Verbesserung der Prognosen betroffener Kinder ein.
BU: Die Erstautorinnen Viktoria Fincke und Mona Steinbügl (von links) wurden für ihre Studie ausgezeichnet. © Anna Steinbügl